Innenarchitektur ist mehr als »schöne Gestaltung«.
Wie gehst Du ganz generell an Deine Projekte heran?
Das Elementarste in meinem Beruf ist es, sich in den Kunden hineinzuversetzen. Ich stelle mir immer zunächst die Frage: Wer ist die Zielgruppe, die mit dem Gebäude angesprochen wird? Ein Gefühl für den Nutzer und die Nutzung zu entwickeln, ist die Grundlage für alle weiteren Schritte.
Was bedeutet Innenarchitektur für Dich persönlich?
Für mich ist Innenarchitektur das Bestreben, dass sich Menschen, die sich in den Räumen aufhalten werden, wohlfühlen. Da gehört eine schöne Gestaltung dazu, aber letztlich wird alles auf die tatsächlichen Bedürfnisse des Besitzers oder der Nutzer abgestimmt. Beim Entwerfen einer Schule stelle ich mir beispielsweise die Fragen: Wie sieht Tagesablauf der Schüler aus? Wie verhalten sie sich in unterschiedlichen Situationen? Wie kann ich sie abholen, ihnen Geborgenheit bieten, lernfreie Räume und solche zur Konzentration integrieren? Ich versuche bei jedem Projekt den Menschen in seiner Gesamtheit zu sehen.
Gibt es einen Faktor, der bei der Gestaltung von Räumen von Auftraggebern gerne unterschätzt wird?
Eine gute Beleuchtung ist beispielsweise wahnsinnig wichtig. Ein intelligentes Lichtkonzept lässt einen Raum viel besser wirken. Innenarchitektur besteht ohnehin aus vielen Puzzleteilen – Licht, Materialien, Farben, Proportionen. Stofflichkeit wird auch gerne unterschätzt, denn was kommt beim Bewohner oder Nutzer eines Raumes letztlich an? Es sind die Oberflächen, die Qualitäten der Haptik, die uns im wahrsten Wortsinn berühren.
Inwiefern spielt Nachhaltigkeit in Deiner Arbeit eine Rolle?
Natürlich sind ökologische Gesichtspunkte wichtiger denn je. Es fängt schon damit an, mit Vorhandenem zu arbeiten – so kann aus einem übriggebliebenen Stück Holz aus der Bauzeit vielleicht noch ein Tisch werden. Auch die sorgsame Materialwahl spielt hier hinein. Ich finde es gut, regional zu denken und heimische Rohstoffe zu nutzen. Zudem gibt es viele spannende Produktentwicklungen aus recycelten Materialien.
»Kein Projekt gleicht dem anderen, doch alle eint das Gespür für Räume und ihre Nutzer.«
Du realisierst in erster Linie Projekte im Objektbereich – wie sind hier die ersten Schritte?
Zunächst setzte ich mich intensiv mit der Architektur auseinander und analysiere das Konzept des Gebäudes. Wichtig ist eine vorausschauende Planung, denn der Zweck eines Raumes kann sich schon in wenigen Jahren verändern. In Bausteinen zu denken und Möglichkeiten im Auge zu behalten, ist in jedem Fall sinnvoll. Natürlich konzeptioniere ich den Raum für den gegenwärtigen Bedarf, versuche aber, künftige Optionen offenzuhalten.
Dabei sorgst Du auch für eine funktionierende Signaletik. Was ist hier zu berücksichtigen?
Je komplexer die Architektur ist, desto intensiver muss man sich mit dem Wegeleitsystem beschäftigen. Auch hier ist es wieder sehr wichtig, sich in den Nutzer einzufühlen: Wie wird sich dieser in den Räumen bewegen? An welchen Stellen muss er abgeholt werden? Bei großen Objekten hilft so etwas wie ein »Soft Opening«, bei dem ich die Besucher und ihre Wege genau beobachte und Korrekturen vornehmen kann.
Innenarchitektur. Von Außen nach Innen. Der uns umgebende Raum wirkt auf unser Inneres. Indem wir Räume verändern, verändern wir auch den Menschen.
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Produktivität Raum verschaffen
Wie übersetzt Du Corporate Identities von Unternehmen räumlich?
Zunächst einmal ist es das größte Geschenk, wenn Unternehmen mit ihrer CI glücklich sind, denn so ist bereits eine Richtung vorgegeben. Die Zielgruppe und das Selbstverständnis sind definiert, und es ist relativ leicht, die Innenarchitektur entsprechend anzupassen. Dabei muss sich die CI nicht überall plump widerspiegeln, sie kann sich auch in Details zeigen sowie in Räumen, die für den Markenauftritt relevant sind, wie den Empfang.
Was ist speziell bei der Gestaltung von Arbeitsplätzen noch wichtig?
Auch hier ist das Wohlfühlen entscheidend: Sind die Arbeitsplätze den Lichtverhältnissen angepasst? Wie viel Platz benötigt ein Mitarbeiter? Es gibt selbstverständlich viele rechtliche Vorgaben, die einzuhalten sind. Mitentscheidend sind aber auch persönliche Vorlieben, wie das zeitweise Arbeiten im Stehen. Übergeordnet geht es immer um eine unterstützende Arbeitsatmosphäre, die mit durchdachter Innenarchitektur gewährleistet wird.
Anamorphosen – eine faszinierende Illusion für individuelle Räume
Wie bist Du auf die Technik der Anamorphosen gekommen?
Durch einen ganz klassischen Innenarchitekturauftrag einer Firma, die auf Computerspiele spezialisiert war. Mir stellte sich die Frage, wie ich dieses digitale, virtuelle Thema in den Raum übersetzen kann. Da erinnerte ich mich an eine Kunstinstallation – eine Anamorphose. Eigentlich ist das eine uralte Technik, bei der ein Bild erst dann erkennbar wird, wenn man es von einem bestimmten Blickwinkel aus betrachtet.
Auch für die Maria-Ward-Schule, die ich gestaltete, war eine Anamorphose eine großartige Lösung: Die Schülerinnen gestalteten im Kunstunterricht hierfür Motive, die wir in den Treppenhäusern als Anamorphose umsetzten – durch den partizipativen Ansatz konnten sie sich mit ihrer Schule viel besser identifizieren.
»Anamorphose bedeutet so viel wie ›Umformung‹ – im Mittelalter wurden damit beispielsweise geheime Botschaften übermittelt. Eine faszinierende Wirkung, die sich relativ leicht und kosteneffizient erzielen lässt.«
Funktionieren Anamorphosen nur in großen Räumen?
Nein, diese Technik funktioniert auch in der Ecke eines kleinen Raums. Aber in erster Linie kommen ohnehin Unternehmen auf mich zu, die solch einen besonderen und dynamischen Eyecatcher in Bürogebäuden oder Showrooms setzen möchten – da sind die Dimensionen ohnehin entsprechend größer.
Anamorphose. Räume werden zu dimensionalen Kunstobjekten, die ihren Betrachtern vergegenwärtigen: Das Leben ist Bewegung, unsere Sicht auf die Welt immer eine Frage des Blickwinkels.
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